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Audioguidestation Mauth/Bucina - Grenzgeschichte beim Grenzzaun


Adresse94151 Mauth

Grenzgeschichte beim Grenzzaun

Sie stehen an der Landesgrenze Finsterau – Bucina

Sehen Sie sich in der Gegend um…     Was sehen Sie? ------------ Sie sehen Wald, soweit das Auge reicht.          Alten, teilweise toten Wald --- und frischen Jungwald.

Der Böhmerwald bildet seit jeher eine natürliche Grenze zwischen Bayern und Böhmen, die immer wieder überwunden wurde. Bereits im Mittelalter verliefen Handelswege vom Salzkammergut über Passau bis nach Böhmen. Täglich wurden tausende Fässer Salz nach Böhmen gebracht. Salz galt damals als das „Gold des Mittelalters“, da es die einzige Möglichkeit der Konservierung war. Auf dem Rückweg über den „Goldenen Steig“ transportierten Säumer mit ihren kleinen Saumrössern Weizen, Malz, Kornbranntwein, Glas und Pech nach Bayern.

Einer der Zweige des „Goldenen Steiges“ verlief von Freyung über Mauth nach Bergreichenstein, dem tschechischen Kasperske Hory. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden entlang dieses Handelswegs verschiedene Siedlungen und Ortschaften.

Die vor Ihnen liegende kleine Brücke, die den Teufelsbach überquert bildet gleichzeitig die Grenze zu Böhmen. An dieser Stelle befand sich früher die Ortschaft Buchwald.

Von dort aus führen Wanderwege zum Moldauursprung und an Stellen, wo einst die Orte Fürstenhut, Hüttl und die Mühlreuter Häuser lagen.

An den Wegrändern findet man noch Reste von Steinmauern und Hausfundamenten. Auch Kastanienbäume, Obststräucher und Pfingstrosen deuten heute noch darauf hin, dass hier früher Siedlungen waren. Die Menschen stammten damals aus Bayern und Böhmen und sprachen den unverkennbaren Böhmerwalddialekt.                                                                                                        

In mühevoller Arbeit rodeten sie Wälder und verwandelten die Gegend in eine Kulturlandschaft. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie hauptsächlich als Holzfäller und in der Holzwirtschaft. Sie lebten von dem, was ihnen die kargen Böden gaben, vor allem von Kartoffeln, Rüben, Hafer und von einer bescheidenen Viehwirtschaft.

Während Buchwald, Hüttl und die Mühlreuter Häuser im Jahre 1774 durch freie Bauern gegründet wurden, entstand das etwas tiefer gelegene Fürstenhut erst um 1800 als planmäßig angelegtes Holzhauerdorf des Fürsten Schwarzenberg.

Die freien Bauern besaßen ihr eigenes Land, ein Haus oder einen Hof. Die fürstlichen Holzbauern hingegen durften ihre Häuser nur auf Pachtgrund bauen und waren dem Fürsten zu Arbeitsleistungen verpflichtet.

Das Straßendorf Buchwald, tschechisch Bucina, war die am höchsten gelegene Ortschaft Böhmens auf einer Seehöhe von 1200 Metern. Am oberen Ortsende stehen noch heute die uralten Steinbuchen, die dem Ort den Namen verliehen. Ebenso findet man dort ein Denkmal das zum Andenken an den Heimatdichter Johann Peter, der seinen Heimatort in vielen Büchern beschrieben hat, errichtet wurde.

Die Ortschaft Fürstenhut, das tschechische Knizeci Plane, war eines der flächenmäßig größten Dörfer und befand sich auf der sogenannten „Schönen Ebene“. Ebenso stand dort die Kirche, die Johannes dem Täufer geweiht war und der nebenliegende Dorffriedhof.

Das Klima war rau und die schneereichen Winter sehr lange. Viele Nachkommen der Erstansiedler verließen deshalb schweren Herzens ihre Heimat. Sie wurden in nordböhmische Industriegebiete, nach Mannheim-Neckarau, in das Buchenland im heutigen Moldawien und vor allem nach Wien und Amerika - in die Bundesstaaten Minnesota und Wisconsin verstreut.

Nach dem Ende der österreich-ungarischen Donaumonarchie wurde der Böhmerwald an die neu gegründete Tschechoslowakei angegliedert. Die Spannungen zwischen den überwiegend deutschsprachigen Bewohnern der Grenzgebiete und der tschechisch-sprachigen Mehrheit nahmen immer weiter zu und führten im Jahre 1938 zum Anschluss des Sudetenlandes an das nationalsozialistische Deutsche Reich. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der das Leben vieler junger Böhmerwäldler forderte, kam es zur vollständigen Vertreibung der Bevölkerung. Aufgrund ihrer Ortskenntnisse konnten viele Einheimische einige Habseligkeiten über die Grenze ins nahe Finsterau bringen. Diejenigen, die nicht illegal aus dem Land flüchten konnten, wurden in Viehwaggons an verschiedene Orte Deutschands gebracht und durften nur 50 Kilogramm Gepäck mitnehmen.

Was für ein Gefühl musste es für diese Menschen sein, ihre seit vielen Generationen geliebte Heimat verlassen zu müssen?

Heute gibt es nur noch wenige Zeitzeugen, die über diese Ereignisse berichten können.

Nach der „Aussiedlung“ der Bewohner verfielen die Ortschaften immer weiter. Ab dem Jahre 1946 wurden die Orte nicht mehr dauerhaft besiedelt.

Als nach der Ungarnkrise im Jahr 1956 der „Eiserne Vorhang“ errichtet wurde, verschwanden die Orte Buchwald, Fürstenhut und die umliegenden Dörfer gänzlich von der Landkarte. Die Häuser wurden niedergerissen, die Kirche gesprengt und der Friedhof eingeebnet. Das Gebiet wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt, gesichert durch Stacheldraht, Wachtürmen und Minenfeldern. Der Wald überwuchs nach und nach die noch übriggebliebenen Ruinen der ehemaligen Dörfer. Nach der Wende begannen die ehemaligen Bewohner ihren Friedhof freizulegen und zu renovieren. In Buchwald wurde ein Hotel wiedererrichtet und in Fürstenhut ein Gasthaus nach alten Plänen neu erbaut.

Zu beiden Seiten der Grenze verlaufen heute der bayerische und der tschechische Nationalpark, um das „Grüne Dach Europas“ für die Zukunft zu bewahren.
Was ist geblieben vom alten Böhmerwald? Nur die Erinnerung an eine längst vergangene und vielleicht bald vergessene Zeit?  Erinnerungsstücke in Museen? Die Ruinen der Dörfer?

Geblieben ist vor allem die Mahnung, dass Nationalsozialismus und Ausgrenzung zu Krieg, Elend, Verlust der Heimat und Entwurzelung führen kann. Doch ebenso, wie sich der nach Windbrüchen und Borkenkäferbefall abgestorbene Wald wieder sichtbar erneuert, sind auch die Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen nach vielen Jahren der Trennung heute lebendiger denn je.

Man begegnet sich wieder mit Respekt und Freundschaft und ist sich einig, dass man durch eine einmalige Naturlandschaft miteinander verbunden ist und bleibt.     

Urheber: Dr. Gernot Peter

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